E10 - Kraftstoff der Zukunft

E10 - Kraftstoff der Zukunft
© dpa, Daniel Karmann

E10: Der Stoff aus dem die Träume sind

E10. Ist klar. Auf diesen Stoff haben wir lange gewartet. Ziemlich lange. Angeblich. Suchtverhalten haben sie uns schon unterstellen wollen. So ein Quatsch. Wie können wir süchtig sein nach etwas, das wir noch gar nicht kennen - das wir noch nicht mal probiert haben.

E10. Jetzt aber. Der Stoff, aus dem die Träume sind. Die Zukunft. Die Ablösung. Benzin adé. Und alle freuen sich. Der Autofahrer, der Besitzer, die Umwelt, das Portemonnaie. Auch die Lust. Die Lust an Geschwindigkeit, Kraft und Stärke. Von wegen.

Ganz sicher ist nur: der Hang zur Übertreibung. Vorsicht Blendgefahr.

Nicht nur bei Gegenverkehr: Zuviel Wirbel trübt den klaren Blick.

Erstmal ist nämlich gar nichts klar. Ganz im Gegenteil.

E10 also, genau hin gehört. E wie: Ethanol. 10 wie: zehn Prozent. Das haben wir so oder so ähnlich schon mal vernommen. So ähnlich, das ist dann wohl: E5. Fünf Prozent Beimischung von Ethanol zum gängigen Benzin, im Stillen entstand die Idee, im Stillen wurde sie umgesetzt.

Seit geraumer Zeit schon wird Ethanol dem Benzin zugefüttert. Wir behaupten einfach mal, die wenigsten haben das gewusst, die allerwenigsten haben es gemerkt. Jetzt wird also verdoppelt und schon stellen sich mindestens doppelt so viele wichtige Fragen. Es heißt: 90 Prozent der rund 31 Millionen Benziner in Deutschland vertragen das Zeugs ohne Probleme. Aber was, bitteschön, machen nun die restlichen 10 Prozent und vor allem: Wer gehört dazu? Bleiben alte Fahrzeuge, auch Oldtimer, nun komplett auf der Strecke?

Verwirrung an der Zapfsäule

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© dpa, Daniel Karmann

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil, doch bisweilen reicht auch das nicht aus. An den Zapfsäulen wird der Kunde jetzt erst mal kirre gemacht: "Normal E10 schwefelfrei" oder "Super E10 schwefelfrei" bzw. "Super Plus E10 schwefelfrei" - ja was denn nun? Und wer leistet dem Autobesitzer erste Hilfe, wenn die Nachfrage beim Hersteller oder Händler die niederschmetternde Diagnose ergab, dass sein, sagen wir, etwa zehn Jahre altes Fahrzeug für den Verzehr von E10 gänzlich ungeeignet sei? Trotzreaktionen wären für manches Auto lebensgefährdend, nach nicht allzu langer Zeit schon hätte der neue Kraftstoff E10 den Motor seines Autos ruiniert, Aluminiumteile wären beschädigt worden, Dichtungen und Schläuche schlichtweg zerfressen. Es lässt sich also im Zusammenhang mit E10 durchaus von einem aggressiven Kraftstoff reden. Wer also in Sachen Verträglichkeit mit E10 überhaupt nicht zurecht kommt, der sollte weiterhin nach E5-Tanksäulen Ausschau halten, die Tankstellenbetreiber sind nach einer Verordnung verpflichtet, das alte E5-Benzin bis 2013 weiter anzubieten. Die einen halten sich daran, die anderen nicht, mit Sicherheit werden es immer weniger sein.

Der Tankstellenbesitzer hat jetzt erstmal zwei Möglichkeiten. Erstens: Er verweigert sich diesem Beschluss unter Hinweis auf fehlende Tanks. Zweitens: Er bietet E5 weiterhin an, aber natürlich nur als Bestandteil der auch bisher schon teuersten Superbenzinsorte - hat der Autobesitzer also bisher solch flüssigem Unsinn wie Shells "V Power" erfolgreich aus dem Wege gehen können, jetzt muss er ihn inklusive Mehrpreis schlucken. Bis zu 8 Cent Aufschlag pro Liter werden schon gar nicht erst groß debattiert.

Betroffene nennen das Nötigung.

Satter Gewinn für die Ölkonzerne

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© dpa, Boris Roessler

Und wieder ist aus den Vorstandszimmern der Mineralölbetreiber lauter Jubel zu vernehmen - sie sind als die großen Gewinner in diesem Spiel zu sehen. Und kaum haben es sie sich in ihren ausladenden Chefsesseln erneut selbstzufrieden in die bequemste Lage gebracht, heißt es schon wieder für sie: aufspringen, weiter frohlocken. Denn alle, wirklich alle spielen ihnen in die Karten: Auch die Einführung von E10, Start war im Februar, beschert ihnen zusätzliche Gewinne. Und das nicht zu knapp: Der Energiegehalt von Ethanol liegt nämlich deutlich unter den Werten der aktuellen Kraftstoffe, Folge ist ein Mehrverbrauch von rund drei Litern auf 100 Kilometern und somit auch ein ähnlich hoher Zusatzausstoß von CO 2-Emissionen. Gut ist das nicht und sparsam schon gar nicht.

Kein Nutzen für die Umwelt

E10 - Kraftstoff der Zukunft
© dpa, Boris Roessler

"Der Biosprit ist eine Mogelpackung", behauptet deshalb auch der "Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland" (Bund). Nutzen für die Umwelt null, Einsparmöglichkeiten für den Verbraucher null, weniger CO2-Emissionen null, im Gegenteil. Um aktuell Ethanol zu gewinnen, müssten wertvolle Biothope, Urwälder und Wälder vernichtet werden. In Deutschland sind 2010 rund 600.000 Tonnen Ethanol aus Weizen, Zuckerrohr und Mais hergestellt worden, in der Zukunft müsste mit fünf Millionen Tonnen gerechnet werden, aber bitte nicht vor der eigenen Haustür. In den Entwicklungs- und Schwellenländern, müssten schon jetzt rund 35 Millionen Hektar Ackerland für die Länder der Europäischen Union genutzt werden, um deren Nachfrage nach Agrarprodukten zu decken, der Agrarsprit gehört in stark wachsendem Maße dazu. Was jetzt drohe, sei allerdings mit "Landraub" zu bezeichnen.

So kommt also E10 und kaum einer hat etwas davon. Nicht wirklich, nicht nachhaltig. Beschlossen wurde im Hause EU. Gewinnen werden die Ölkonzerne. Den Autoherstellern und der Bundesregierung bietet die Einführung von E10 außerdem ein Alibi, sich von der schnellen Entwicklung sparsamer Fahrzeuge zu verabschieden, das sagt der Bund-Vorsitzende Hubert Weiger. Es könnte diese Sparmodelle längst geben. Aber an ihnen ist halt nicht so furchtbar viel zu gewinnen. Wir warten weiter, was sonst?

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