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Der Tag einer Pflege-Mama für Katzenbabys

Der Tag einer Pflege-Mama für Katzenbabys

Katzenbabys brauchen besondere Zuwendung

Überall im Zimmer flitzen kleine, süße Babykatzen herum. Ihr Fell sieht aus, als hätten sie versucht mit einer Steckdose Freundschaft zu schließen. Der Boden ist mit Leinentüchern ausgelegt, überall liegt Spielzeug herum: kleine Plastikmäuse, Bällchen aus Papier. Ein grau-getigertes Kätzchen springt auf sein rot-weißes Geschwisterchen, sie raufen und rollen auf dem Boden herum. Barbara Vock liebt diese Szenen und darf sie immer wieder erleben, denn sie arbeitet als "Pflegemama" für Katzenbabys, die entweder ausgesetzt wurden, eine kranke oder scheue Mutter haben. Allerdings ist dieser Job nicht immer schön. Wir haben Barbara Vock einen Tag lang begleitet.

Es piepst und raschelt im Schlafzimmer von Barbara Vock, zuerst nur leise, kaum wahrnehmbar, dann immer lauter und kläglicher. Es ist sechs Uhr morgens und die kleinen Kätzchen, die meistens erst wenige Tage alt sind, haben Hunger. Mit zusammengekniffenen Augen steigt Barbara Vock aus ihrem Bett und trottet ins Bad, das sogenannte "Katzen-Bad": Wenn die Kätzchen groß genug sind, dürfen sie sich hier auf drei Kratzbäumen und in einer ausgepolsterten Badewanne austoben. Im Bad befinden sich auch alle Katzenutensilien, so auch die Ersatzmilch, die Vock, immer noch im Halbschlaf, anmischt.

Schon früh werden die Katzen gefüttert

Der Tag einer Pflege-Mama für Katzenbabys

Trotz der frühen Uhrzeit scheint jeder Handgriff routiniert. Schweigend füllt sie das Pulver in ein Fläschchen speziell für Katzenkinder, fügt heißes Wasser hinzu und schüttelt kräftig. Barfuss schlurft sie zurück in ihr Schlafzimmer, dort piepsen die kleinen Kätzchen schon im Terrarium, das ursprünglich für die Schildkröten gedacht war. Kleine, grau-getigerte Kätzchen leuchten rosa im Licht der warmen Rotlichtlampe und werden sichtbar aktiver, als sie merken, dass ihre Ersatzmama wach ist. Behutsam nimmt sie eines der Babys auf ihren Arm, das sich gleich in ihre Armbeuge kuschelt. Sie legt ein Handtuch auf ihren Schoß, setzt sich auf ihr Bett und hält dem Kätzchen das Fläschchen hin. "Wenn sie noch kleiner sind, füttere ich sie mit einer Pipette, aber diese hier können schon aus der Flasche trinken" erklärt Vock, während das Katzenkind beginnt am 'Sauger' zu nuckeln und seine kleinen Pfötchen zu bewegen. "Das ist der Milchtritt", sagt Vock, "das machen Katzenbabys instinktiv, wenn sie bei der Mutter trinken wollen, das fördert den Milchfluss".

Kurze Zeit später ist das Fläschchen leer und Vock massiert das runde Bäuchlein des Kätzchens, damit es seine Geschäfte verrichtet. Dann setzt sie das Kleine wieder zurück und nimmt das nächste heraus. Sobald alle Katzen versorgt sind, wird die Milchmenge und der Urin-/Kotabsatz in eine Liste eingetragen, "nur so kann ich sehen, ob die Kleinen gesund trinken", erklärt Vock. Sie wirft ihren Morgenmantel über und weckt nun ihre Tochter, bevor sie runter in die Küche geht, um das Frühstück vorzubereiten. Schon etwas wacher füllt sie Wasser in den Kocher, um Fencheltee zu kochen, "den bekommen die Kätzchen später zusammen mit der nächsten Milch, das hilft bei Blähungen, genau wie bei uns Menschen", sagt sie und grinst. Nachdem Tochter Stephy das Haus verlassen hat, wird aufgeräumt und die Katzenmama verschwindet im Badezimmer, denn schon um acht Uhr werden die Kätzchen erneut gefüttert. "Zwei der Kleinen haben seit zwei Tagen kein Häufchen gemacht.“ Ihre Stimme klingt besorgt. "Obwohl ich Lactulose in die Milch gemischt habe, das regt die Verdauung an", sagt Vock.

Nicht immer können alle Katzen gerettet werden

Der Tag einer Pflege-Mama für Katzenbabys

Vor fast zehn Jahren ist Barbara Vock das erste Mal Pflegemutter für drei circa zwei Wochen alte mutterlose Kätzchen geworden, die sie mit der Flasche großgezogen und nach zehn Wochen an neue Besitzer vermittelt hat. "Seither sind unzählige Kätzchen hinzugekommen", erzählt sie. "Mutterlos sind sie eigentlich alle und manchmal auch erst wenige Tage alt, teilweise auch schon vier bis fünf Wochen". Leider sind die Miezen aber häufig mehr oder weniger ernsthaft erkrankt, und die älteren oft genug auch noch scheu. Nur wenige waren zu krank, um sie letztendlich zu retten - "das sind die bittersten Zeiten: Wenn ich um ein kleines, wehrloses Wesen kämpfe und dann doch verliere" erzählt Vock traurig. "Dann frage ich mich, warum ich mir das eigentlich 'antue' - aber dann kommen die nächsten Winzlinge, die gesund und munter sind und dann weiß ich es". Inzwischen ist Barbara Vock Mitglied bei der Tierschutzinitiative Odenwald e.V. (TSI) und steht diesem Verein als "Kätzchen-Mama" zur Verfügung.

Der Tagesablauf richtet sich nach den Katzen

Der Tag einer Pflege-Mama für Katzenbabys

Trotz ihres Jobs als "Katzenmama" muss sich Vock um den Haushalt und ihre eigenen Tiere kümmern. Daher wird jetzt erst einmal der Hund angeleint und es geht zum Einkaufen. "Die Tage verlaufen immer etwas hektisch, da ich die Kätzchen ja alle zwei Stunden füttern muss, darum muss alles durchgeplant sein", erklärt sie, während sie ihren Doggen-Mischling animiert, in den Kofferraum zu springen.

Der Tagesablauf ist geprägt durch den Rhythmus der Kätzchen. Zurzeit leben vier Katzenbabys im Haus der Familie Vock, oft sind es auch mehr. Kürzlich hat die "Katzenmama" das erste Mal eine schwangere Katzenmama aufgenommen, die dann in ihrem Bett ihre Babys geboren hat. "Das ist dann natürlich angenehmer für mich, weil ich nicht alle zwei Stunden füttern muss", erklärt Vock. Zwei Wochen später kam dann sogar noch eine zweite werdende Katzenmama dazu. "Mein Mann wundert sich schon gar nicht mehr, wenn er abends nach Hause kommt und sieht, dass die Katzenschar wieder einmal gewachsen ist", sagt sie. "Aber ich kann einfach nicht nein sagen, wenn die TSI anruft und fragt, ob ich Platz für vier oder fünf Babys habe."

Jeden Abend werden die Kätzchen gewogen: "Alle haben super zugenommen, ich bin richtig stolz", strahlt Vock. Bis halb elf werden die Kätzchen noch zwei weitere Male gefüttert. Erst dann kann sich Barbara Vock endlich ins Bett legen. Doch der Wecker klingelt schon bald wieder: Um ein Uhr nachts haben die Kätzchen wieder Hunger. Da unterscheiden sich Katzenbabys wenig von Menschenbabys.

(Text: Katharina Vock)