VOX

Exklusives Interview mit Jan Delay

Exklusives Interview mit Jan Delay
Mit seiner Live-DVD "Hamburg brennt" feiert Jan Delay die Endstation seines "Soul Trains". Aber damit ist die Geschichte der Disko No. 1 noch lange nicht vorbei. Eine Rock-Platte steht in den Startlöchern ...

"'Hamburg brennt' ist das Krasseste, was ich jemals erlebt habe!"

Er ist ein Künstler, der eigentlich schon alles erreicht hat, aber trotzdem immer mehr will. Jan Delay scheint niemals stillzustehen, sich stets neu zu erfinden und sich überraschenderweise dabei niemals selbst zu verlieren. Wir trafen einen extrem coolen Jan Delay in Köln, um gemeinsam mit ihm sein Mega-Konzert, das er jetzt auf der Live-DVD „Hamburg brennt“ veröffentlicht, Revue passieren zu lassen.

von Kathrin Lembicz

Kompliment: „Hamburg brennt“ ist eine Riesenparty auf DVD. Um nur mal ein paar Fakten zu nennen: Mehr als 15.000 jubelnde Fans, fast 2 Stunden Powershow, namhafte Kollegen mit dir auf der Bühne … Wie hast du das Konzert im August 2011 von der Bühne aus erlebt?

Jan Delay: Ich fands richtig scheiße (lacht)! Ne, im Ernst. Während des Auftrittes habe ich die Show nicht reflektiert. Du darfst nicht denken, wenn du auf der Bühne stehst. Aber im Nachhinein muss ich sagen, dieser Auftritt war mit das Krasseste, was ich je erlebt habe. Und dass meine ganzen Freunde mit mir auf der Bühne standen, multipliziert das Gefühl noch um ein Vielfaches.

Du hast viele Songs von Kollegen zum Besten gegeben – auch „Everybody“ von den Backstreet Boys. Wie kam es dazu?

Jan Delay: Wenn man den Anspruch hat, die größte Rave-Show aller Zeiten auf die Beine zu stellen, dann darf man auch vor den Bachstreet Boys nicht Halt machen. „Everybody“ ist ein großartiger Pop-Song. In den 90ern musste ich mir das ehrfürchtig eingestehen – auch wenn Teeny-Pop der absolute Feind von uns Hip Hoppern war. Ich habe mir sogar mal auf der Popkomm in Köln ein Bandshirt von BSB geklaut. Die konnte man so gut klauen, da hat keiner aufgepasst (lacht). Ich hab es sogar angezogen - mehr aus Provokation, aber ich hab es getragen! Wir hatten damals so ein Projekt, die „Disko 6“-Partys. Da haben wir nur so durchgeknallte Partymucke aufgelegt und dazu abgefeiert. Für uns, zugegeben damals noch sehr engstirnige Hip Hopper, war das ein riesen Spaß. Mit dem Konzept meiner Band Disko No. 1 habe ich mir diesen Spaß in die Gegenwart geholt – eine Band, die sich der Herausforderung stellt, alles spielen zu können.

Mit der Live-DVD feierst du mehr als gebührend den Abschied von Disko No. 1 und dem „Bahnhof Soul“. Warum der Abschied gerade auf dem Siedepunktes eures Erfolges? Und auf welchen Jan Delay dürfen wir uns in Zukunft freuen?

Jan Delay: Wir sind mit dem „Soul Train“ quasi in die Endstation eingelaufen. Ich hatte wieder Bock auf was Neues. Aber Disko No. 1 wird es natürlich weiterhin geben, wir arbeiten gerade an einer Rock-Platte. Und wenn wir auf Tour gehen, spielen wir natürlich auch noch was von den alten Songs. Es ist nicht so, dass das ganze Ding Disko No. 1 und der "Bahnhof Soul" beerdigt wurde. Es ist einfach Zeit für was Neues. Außerdem style ich parallel auch wieder an einer neuen Hip Hop-Platte mit den „Beginnern“. Ich weiß noch nicht, was als erstes kommt – Rock oder Hip Hop – ich habe auf beides Bock, aber ich stress mich da nicht.

"Früher mussten wir unser Publikum beschimpfen!"

Exklusives Interview mit Jan Delay
Seit Anbeginn der deutschen Hip Hop-Szene mit dabei: Jan Delay aka Jan Phillip Eißfeldt

Für „Hamburg brennt“ stand dein Freund und Kollege Samy Deluxe wieder mit dir auf der Bühne. Speziell für diesen Auftritt schrieb er ein neues Intro für den Hit „Füchse“ und in dem heißt es: „[…] Kennt ihr das noch? / Echten Hip Hop? / In 'nem Land, wo man sogar mit 'nem Hit floppt / Wo der Soul keine Seele hat / Der Rock nicht rockt / Wo beim Funk auch der Funke nicht überspringt / Und der Reggea leider nach Schlagerliedern klingt […]“. Schärfer kann man die deutsche Musikbranche nicht kritisieren. Wie stehst du zu solchen Äußerungen?

Jan Delay: Sam hat hier wundervoll in Worte gepackt, wie wir als Kids die deutsch Musikszene erlebt haben: Damals war das einzig Deutschsprachige, das im Radio lief Schlager - was anderes kannten die Leute nicht. 1998, bei unseren ersten großen Touren, haben wir uns für das Publikum geschämt: verstrahlte Leute, die waren gestern bei Blümchen und heute bei Denen vom „Liebeslied“. Die wussten noch nicht mal, was Hip Hop ist. Das fanden wir ganz schrecklich und wir mussten sie beschimpfen, um uns von denen zu emanzipieren. Heute haben es die Jugendlichen einfacher, sie wachsen mit deutschsprachiger Musik auf, sie haben Ahnung, eine Meinung und bilden ihren eigenen Musikgeschmack. Das ist klasse! Ich hoffe das geht so weiter.

Auf deiner Homepage wird ganz niedlich beschrieben, wie du als 10jähriger Knirps zum ersten Mal mit Hip Hop in Berührung gekommen bist: Deine Mutter kam von einer Amerika-Reise heim und erzählte dir von einer neuen Musikrichtung namens „Rap“. Was ist es, das deine Faszination am rhythmischen Sprechgesang bis heute hält?

Jan Delay: Mich haben immer schon laute, funky Drums und das coole Sprechen, das klingt als wäre es ein eigenes Instrument, fasziniert. Diese Faszination hat bis heute nie nachgelassen. Hip Hop ist einfach mein Leben. Ich weiß noch genau, wie ich gemeinsam mit meinem Dad zum ersten Mal das Aerosmith-Cover „Walk This Way“ von RUN-D.M.C. im Autoradio gehört habe. Ich war vollkommen geflasht von den Drums. Das hat so gegroovt und wir sind voll drauf abgegangen, da wusste ich aber noch nicht, dass das Rap ist.

Du bist Musiker, Sänger, DJ, Entertainer, Produzent, Synchronsprecher, Sozialkritiker, engagiert für Alphabetisierung und Grundbildung. Du bist Jan Delay und Eizi Eiz … woher nimmt Jan Phillip Eißfeldt seinen Elan für all das?

Jan Delay: Ganz einfach: weil es mir Spaß macht!

Ein schönes Schlusswort. Danke für das Interview.