Heiligs Blechle - ein Grüner

Schwere Zeiten für Autohersteller
Von Peter Stützer
Heiligs Blechle. Ein Grüner. Schlimm genug. Ein Grüner wird Ministerpräsident. Auch das ist arg. Aber musste es ausgerechnet in Baden-Württemberg sein? Weiß man doch vorher, dass hier Daimler zuhause ist und Porsche, aber deren politischer Geleitschutz hat sich längst vom Acker gemacht, unfreiwillig. Irgendwer muss gepennt haben; diesmal wählten die Schwaben den, den sie wollten. Die Dramen in Japan und Stuttgart motivierten mehr, als die halbherzige Umweltpolitik der Gewohnheitsparteien jemals hätte bewirken können.
Jetzt ist es zu spät, die Grünen sitzen überall - einer sogar ganz oben: Winfried Kretschmann. Sie haben noch gar nicht angefangen, und doch schwant einigen Böses. Die Automobilisten, 58 Jahre lang konnten sie sich auf politische Freunde verlassen, und wo sind die jetzt hin? Wie wird es weitergehen im Ländle, wenn an solch wichtigen Schnittstellen nichts mehr Hand in Hand zu erledigen ist? Das waren doch prima Freunde; man hat zugesehen, dass es denen gut ging, und umgekehrt verhielt sich das genauso. Eine Hand wäscht die andere - und das nicht nur in Baden-Württemberg. Dafür hat dann niemand Druck gemacht, wenn es um die viel zu laschen CO2-Grenzwerte ging.
Lange Gesichter bei den Herstellern

Das brachte den Herstellern Zeit, sie konnten in aller Ruhe erst noch die Alttechnologie verkaufen - natürlich könnte die Modernisierung wesentlich schneller vonstatten gehen, als das heute der Fall ist. Es gibt ja längst solche Vehikel, die spürbar die Umwelt entlasten und den Spritverbrauch merklich senken. Aber die rücken sie noch früh genug heraus; den Zeitpunkt für den nächsten Schritt hat man noch immer selbst bestimmt. Das war das Agreement mit der Partei, die über ein halbes Jahrhundert lang schwarz gefärbt antrat und erfolgreich war.
Auf nichts ist mehr Verlass, die Hersteller schlagen sich die Hände vors Gesicht. Wie überzeugen sie jetzt diesen Kretschmann und die Grünen, ohne ihnen zu viel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, welche Absprachen können sie noch treffen? Klar ist, es wird ungemütlich für sie werden, denn die Grünen haben konkretere Vorstellungen von Umweltschutz, Sicherheit, und Autobau. Jetzt ist ein Grüner Ministerpräsident, der so wenig grün daherkommt: Sakko, Krawatte, bodenständig, konservativ. Als Gegner kaum zu verkaufen. Er ist Lehrer für Ethik und Chemie, was ihn nicht unbedingt als Ministerpräsidenten qualifiziert, aber das ist in der Politik halt so. Er kommt vom Dorf - Laiz bei Sigmaringen -, er ist im Schützenverein. Und weil er nicht für halbe Sachen ist, war er auch schon Schützenkönig.
Muss wirklich niemand Angst haben?

Wer sich nun sorgt, auch in den Vorstandsetagen der Autobauer, dem ruft er zu: "Niemand braucht Angst zu haben." Aber niemand darf ihn unterschätzen. Es wird sicher eine neue Tempolimit-Diskussion geben in Baden-Württemberg, das Ergebnis wird uns kaum erfreuen. In Richtung Porsche und Daimler hat er schon verlauten lassen, der Export von Oberklasse-Limousinen könne wohl nicht die Zukunft sein. Erst wenn sich die Orientierung der Hersteller mehr und mehr ins Grüne verschiebt, ist mit seiner Hilfe zu rechnen. Ach ja, auch die Windkraft will der neue Ministerpräsident wieder fördern. Die Frage wird sein, wo und wie er verändern will.
Die "Bild" hat dieser Tage die schlimmste aller Befürchtungen an die Wand bzw. auf Seite 1 geschrieben: "Darf Porsche künftig nur noch Tretautos bauen?" So weit wird es natürlich nicht kommen, aber konkrete Befürchtungen sind schon angebracht. Die Zukunft wird eine andere Färbung haben - für die Hersteller genauso wie für die Verbraucher, die Autofahrer. Sie alle hätten halt vor der Wahl besser Acht geben müssen. Jetzt ist ein Grüner Ministerpräsident, mit den Folgen müssen sie leben. Heiligs Blechle.