Neues Gesetz für strengeren Tierschutz
Was soll sich für Pferde, Ferkel und Katzen ändern?
Es klingt eindeutig: "Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen", lautet gleich der erste Paragraf des deutschen Tierschutzgesetzes. Und seit mittlerweile zehn Jahren genießt das Wohlergehen der Mitgeschöpfe sogar höchsten juristischen Schutz als Staatsziel in der Verfassung. In der Praxis beklagen Tierschützer aber nach wie vor Missstände. Nun will die Bundesregierung zahlreiche Gesetzesvorschriften verschärfen. Die Reform des Tierschutzgesetzes kommt noch in Bundestag und Bundesrat. Sie soll im Herbst in Kraft treten. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was soll sich in der Tierhaltung ändern?
In deutschen Ställen werden jedes Jahr 20 Millionen Ferkel wenige Tage nach der Geburt ohne Betäubung kastriert. Die traditionelle Methode soll vermeiden, dass das Fleisch manches Jungebers einen strengen Geruch und Beigeschmack bekommt. Eine bisherige Ausnahmeregelung soll nun aber nach einer Übergangszeit Ende 2016 auslaufen. Es stünden verschiedene schmerzlose Alternativen zur Verfügung, argumentiert die Regierung in der Gesetzesbegründung. Würde komplett aufs Kastrieren mit Narkose umgestellt, könnte das die Landwirtschaft rund 100 Millionen Euro im Jahr mehr kosten - und auch das Kilo Schweinefleisch im Laden um vier bis zehn Cent verteuern.
Was ist für Wildtiere im Zirkus geplant?
Worauf müssen sich Pferdezüchter einstellen?
Dass Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) eine althergebrachte Gepflogenheit bei der Pferdezucht beenden will, stößt auch in ihrer eigenen Unionsfraktion auf Kritik. Bisher werden viele Tiere mit einem Brandeisen auf dem Schenkel markiert - Hannoveraner bekommen etwa ein 'H'. Inzwischen sei für Hengste und Stuten aber die Kennzeichnung mit einem elektronischen Mikrochip vorgeschrieben, etwa zum Identifizieren bei der Bekämpfung von Tierseuchen. Der zusätzliche Einsatz heißer Brenneisen sei daher nicht mehr vertretbar, heißt es in Aigners Ministerium.
Was ist für Wildtiere im Zirkus geplant?
Die Haltungsbedingungen für wilde Tiere im Zirkus stehen seit langem in der Kritik. Zuletzt forderte der Bundesrat im vergangenen Herbst ein Verbot von Affen, Elefanten, Bären, Giraffen, Nashörnern und Flusspferden in der Manege. Allein wegen häufiger Ortswechsel in Transportwagen seien Tierschutzprobleme zwangsläufig. Konkrete Verbote spricht Aigners Novelle aber vorerst nicht aus. Kommen soll eine vorsorgliche Ermächtigung dafür, dass bestimmte Wildtierarten per Verordnung verboten werden können. Für Zootiere oder Dressuren an festen Standorten soll sich nichts ändern.
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Was sagen Bauern und Tierschützer?

Was ist noch für mehr Tierschutz geplant?
Damit quälerische Zuchtmethoden unattraktiver werden, sollen bizarr kleinwüchsige oder haarlose Hunde nicht mehr bei Ausstellungen präsentiert werden dürfen. Erleichtern will der Bund auch Maßnahmen, wenn sich ausgesetzte streunende Katzen in manchen Regionen massiv vermehren. Denn viele magern ohne menschliche Hilfe ab und werden krank. Die Länder sollen deswegen den Auslauf fortpflanzungsfähiger Hauskatzen für gewisse Zeiten einschränken oder verbieten können.
Was sagen Bauern und Tierschützer?
Für Landwirte sei der Tierschutz eine große Verpflichtung, betont der Bauernverband. In Generationen entstandene Expertise solle aber "geachtet und respektiert" werden. So sei der Pferde-Schenkelbrand ein angesehenes Kulturgut. Der Ausstieg aus der Ferkelkastration bis 2017 schieße übers Ziel hinaus, zumal eine Selbstverpflichtung dies ein Jahr später vorsehe. Der Präsident des Tierschutzbunds, Thomas Schröder, monierte dagegen, Aigners Katalog sei "allerhöchstens ein Anfang". Ferkel sollten sofort nicht mehr unter Schmerzen kastriert werden dürfen.
Kritikern reichen die Vorschriften nicht aus
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte, die hohen deutschen Tierschutzstandards würden damit weiter erhöht. Die Grünen kritisierten die Pläne. Der baden-württembergische Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) sagte, der Gesetzentwurf bleibe leider deutlich hinter der gesellschaftlichen Entwicklung zurück. Die Grünen-Bundestagsfraktion fordert unter anderem, dass Ferkel sofort nur noch mit Betäubung kastriert werden können. Tiertransporte in Deutschland dürften nur vier Stunden dauern. Für Zirkusse solle es eine Positivliste erlaubter Tiere geben.