PKW-Maut

PKW-Maut
© dpa, A3344 Stephan Jansen

Von Vignetten und Pickerln

Wenn er wenigstens nicht so fies grinsen würde. Doch nein, dieses besonders hämische Exemplar eines österreichischen Polizisten macht erst gar keinen Hehl aus seiner Freude darüber, dass ihm wieder so ein empörtes Exemplar eines deutschen Autofahrers in die Falle getappt ist.

Ungeduldig, uneinsichtig, unnachgiebig, Audi A5 Quattro, Coupé, das entspricht jetzt aber so richtig dem Beuteschema des einfachen Ösi-Beamten. Grins: „120 Euro, der Herr.“ Ich hätte ihn würgen können, warum habe ich es eigentlich nicht getan? „Im Affekt,“ hätte es dann im Plädoyer meines Anwaltes geheißen, möglicherweise strafmildernd, aber keinesfalls wahr: die Auseinandersetzung mit einem dieser österreichischen Verkehrspolizisten steht schon lange auf meiner To-Do-Liste, handgreiflich oder nicht, aber bitte, der Ort sollte nicht zu öffentlich sein: Vorhang zu, es lässt sich dahinter akustisch ein Handgemenge vermuten, optisch bleibt die Szene im Verborgenen, Flüche sind zu hören und schließlich ein Schrei, dann ist nur noch Stille – Vorhang auf, es erscheint der, der immer der Sieger ist, soll er doch, ich ertrage auch diese Schmach, aber das Grinsen, es ist wirklich fies. Die Ösis hatten an dieser Stelle wie so oft im ganzen Land schlichtweg den freundlichen Hinweis „letzte Abfahrt vor der Autobahn“ vergessen, ich landete also zwangsläufig wenn auch ungewollt und ohne Pickerl auf der Bezahlstraße. Ein Schelm der Böses dabei denkt, aber die 300 Millionen Euro, die sich der Österreichische Staat derart und mit allen Tricks alljährlich und zusätzlich einverleibt, können weißgott nicht als ehrlich verdientes Geld bezeichnet werden.

Fragwürdige Gastfreundschaft

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© dpa, A1809 epa ansa Giorgio Benvenuti

Es gibt nicht viele Gelegenheit, dem deutschen Gast so etwas wie eigene Überlegenheit entgegen zu bringen, aber diese begrenzten Gelegenheiten werden immer dreister genutzt. Alles andere als gastfreundlich. Da ist ein Bergvolk wie das andere, was den Österreichern recht, ist den Schweizern billig, in jüngster Zeit sogar immer billiger, sie wissen nur zu genau, wo der Deutsche am empfindlichsten zu treffen ist: an seinem Auto. So grinsen sie also gewissermaßen grenzübergreifend und synchron, denn tatsächlich, sie haben da etwas, was der Deutsche nicht hat, ihn aber maßlos ärgert: die Vignette hier, das Pickerl da. Sie gibt damit dem David die Möglichkeit, dem Goliath mal endlich eins aufs Auge zu geben. Und zwar empfindlich. Wer partout die Schweiz über die Autobahn bereisen will, der muss sich derzeit von 40 Franken (30 Euro) per anno trennen, das kostet die Vignette heute. Schnell, schnell, Sie sollten dieses großzügige Angebot noch mal eben nutzen, ob Sie es glauben oder nicht, es handelt sich hierbei nämlich relativ um ein Schnäppchen. Es ist nur noch bis zum 1. Januar 2014 gültig, vielleicht auch noch ein Jahr länger, die Umstellung wird schließlich in Bern beschlossen. Und dort ist bekanntlich die Geschwindigkeit nicht eben erfunden worden.

Modernes Raubrittertum

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© Votava B0196

Möglicherweise aber die Dreistigkeit, die Abzocke, das moderne Raubrittertum, der Diebstahl, die Wegelagerei und das ist nur ein kleiner Auszug erster Reaktionen auf die jüngsten Schweizer Pläne, die voriges Wochenende durchsickerten: Ein Grundgesetzbeschluss des Bundesrates sieht eine Verdoppelung des Vignettenpreises vor, von 40 Franken also auf 80, vielleicht 100, möglicherweise noch viel mehr: Thomas Egger, seines Zeichens Direktor der Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, stellt die aberwitzige Summe von 200 Franken (150 Euro) in den Raum, wer rechnen kann, ist klar im Vorteil: das bedeutet eine Verfünffachung des aktuellen Preises, ja nur für den Fall, dass der Auto fahrende Gast den Erwerb des Pickerl vor Betreten des Landes vergessen hat zu kaufen.

Jetzt beginnt es spaßig zu werden, spaßig für andere Randgebiete, die Österreicher werden selbstredend bald nach ziehen, bisher ist der Autofahrer mit 73,60 Euro fürs Jahr dabei, und jüngst hat auch die belgische Regierung Bedarf angemeldet, nach den Wallonen und der Region Brüssel stimmten jetzt auch die Flamen der Einführung einer PKW-Maut ab 2013 zu. Einheimische werden mit Steuersenkungen getröstet, die Hauptlast ist also von den ausländischen Gästen zu tragen.

Freie Fahrt für Reiche?

PKW-Maut
© APA, B2918 apa Pfarrhofer

Aus den Niederlanden ist zum Thema übrigens nichts zu hören, dort überwiegt wohl die Angst, die deutschen Nachbarn könnten sie mit einer Wohnwagengebühr empfindlich treffen.

Apropos: es verdichten sich dieser Tage die Gerüchte, die Schweizer hätten weiteres Ungemach im Sinn, die Einführung einer VIP-Plakette. Für deren solvente Besitzer werde auf der Autobahn eine dritte Spur frei gehalten, freie Fahrt für reiche Bürger, die Staus sind für alle anderen da. Die Autowelt in der Schweiz ließe sich also in Fahrer erster und zweiter Klasse unterteilen, sehr weit gedacht haben die lieben Nachbarn dabei allerdings nicht, denn im ganzen Land kommen bis heute bescheidene 80 Autobahnkilometer für dreispuriges Fahren in Frage.

Was können wir tun? Die einen rufen jetzt zum Boykott von Österreich und der Schweiz auf, Urlaub ist auch woanders schön. Aber es soll keiner denken, der bayerische Wald oder die Norddeutsche Tiefebene blieben auf Dauer verschont. Die Geschichte lehrt, dass der deutsche Staat noch keine Möglichkeit des Geldeintreibens ungenutzt gelassen hat. Die Vignette wird kommen, sie wird unser Geld schlucken, aber nicht nur unseres, Österreicher wie Schweizer, lasst sie hier bluten, lasst sie fluchen, sie werden mit Gewissheit am lautesten schreien. Ich möchte nur einmal danebenstehen, und grinsen so fies, wie ich nur fies grinsen kann.

Schon zahlreiche Reparaturen beim Ford

Läuft sehr unruhig

Schon zahlreiche Reparaturen beim Ford