Rizzoli & Isles: Das Interview mit Sasha Alexander

Erzählen Sie doch ein bisschen von Ihrer Rolle in der Serie. Sie spielen eine Gerichtsmedizinerin?
Ja. Sie ist Gerichtsmedizinerin, Dr. Maura Isles. Sie arbeitet in Boston und ist eine starke, intelligente, etwas exzentrische Frau. Sie kommt aus einer wohlhabenden Familie, ist gut ausgebildet, ist viel gereist, spricht viele Sprachen… Sie ist ein bisschen merkwürdig, bezogen auf ihre soziale Kompetenz oder besser Inkompetenz in der Gruppe. Sie liebt ihren Job, aber sie ist auf jeden Fall auch ein komischer Vogel.
Das ist ja nicht schlimm, oder?
Nein! Ich liebe es, sie zu spielen, es macht großen Spaß. Eine starke, intelligente Rolle zu spielen, ist ja nicht gerade ungewöhnlich. Aber sie hat auch noch so viele andere Facetten… Sie hat diese chaotischen Tage, an denen sie ihre Dates analysiert, die Männer "untersucht", es passiert immer etwas Neues. Wenn ich das Drehbuch lese, fühle ich mich ein bisschen herausgefordert, ich muss sehr lachen, aber diese Rolle ist auch eine große Aufgabe. Ich muss oft erst einmal herausfinden, wie man all das in der Rolle vereinen kann.
Dr. Isles ist eher draufgängerisch, richtig?
Ja, Maura ist bedachtsam bezogen auf ihr Äußeres. Sie zieht sich gut an und ist sehr organisiert. Aber sie ist auch sehr ausgelassen und exzentrisch. Im Großen und Ganzen ist sie ein bisschen neben der Spur, ihr gehen immer viele Fakten durch den Kopf, viele medizinische Fachbegriffe, sie ist die Intelligenzbestie. Ich habe große Freude daran, sie zu spielen, weil sie mich ständig zum Lachen bringt. Es macht wirklich Spaß den komischen Vogel zu spielen. Aber andererseits finde ich sie in geschäftlichen Dingen sehr ernsthaft, so wie sie mit ihrer Arbeit umgeht. Sie ist sehr gut darin, was sie tut. Und sie und Rizzoli sind beide sehr gut in dem, was sie machen. Ich denke in diesem Punkt treffen sie sich.
Maura ist aber auch sehr stilsicher, trägt mit Vorliebe schöne Kleider und Stilettos…
Ja, sie hat fantastische Klamotten. Ich liebe es. Es macht natürlich Spaß zur Arbeit zu gehen und diese großartigen Klamotten anzuziehen. Sie hat einen wunderbaren Geschmack, ist sehr schick, kann Kleidung toll kombinieren… Und sie findet immer einen Weg, tolle Heels zu tragen, während sie über einer Leiche steht.
Haben Sie zur Vorbereitung auf die Serie viel recherchiert?
Ja, ich habe sehr viel recherchiert. Als ich bei NCIS gearbeitet habe, habe ich bereits sehr viel gelernt. Für Rizzoli & Isles habe ich mit vielen Menschen gesprochen, wir haben einen Gerichtsmediziner besucht und es gibt auch einen medizinischen Berater für die Serie. Er ist bei den Szenen immer dabei und kann mir genau erklären, wie man zum Beispiel mit den Instrumenten umgehen muss, damit es realistisch aussieht. Wir hatten einmal eine lustige Szene, bei der ich Organe aus einer Leiche entnehmen musste. Sie waren nicht echt, es war nur Fleisch, das mit Ketchup abgedeckt war. Aber es sieht schon echt aus… Jedenfalls musste ich alle Organe entnehmen und mir ist dabei wirklich ein bisschen schlecht geworden, weil ich das alles rausholen und auf eine Waage legen musste… Und es fühlt sich einfach sehr echt an. Auch weil unsere Leichen in der Regel Schauspieler sind. Wir haben auch unglaubliche Make-Up- und Special Effects-Experten, die sich um die Schauspieler kümmern. Wenn ich die Schauspieler morgens treffe, sehen sie frisch und gesund aus. Wenn sie dann später auf meinem Tisch liegen, sehen sie überhaupt nicht mehr frisch und gesund aus…
Zwei starke Frauen in einer Crime-Serie – ist das etwas Besonderes?
Ja, und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich selber die Möglichkeit habe, so eine besondere Rolle im Fernsehen spielen zu können. Denn es ist schon schwierig, so schöne Rollen zu finden. In unserer Serie ist es wirklich wundervoll: Eine Frau schrieb die Bücher, eine Frau namens Janet Tamaro passte sie fürs Fernsehen an, und dann hat man noch die beiden starken weiblichen Hauptrollen, die es möglich machen, nicht in einer Einbahnstraße gefangen zu sein. Wir haben nicht "das Dummchen", "die fiese Frau" oder so etwas. Wir können alles sein. Meine Rolle kann in einem Moment lustig und ausgelassen, sehr feminin und sexy sein, aber im nächsten Moment auch sehr streitlustig und wütend. Man macht sehr viel mit. Und ich bin sehr glücklich, dass ich das machen kann, weil man diese Möglichkeit einfach nicht immer hat. Das Fernsehen öffnet da viele Türen.
Diese speziellen Berufe sind ja nicht gerade gewöhnlich. Und Frauen in dieser von Männern dominierten, gefährlichen Welt, die Verbrechen aufklären, müssen sich schon vielen Herausforderungen stellen. Es ist interessant, diese Frauen zu sehen, wie sie versuchen sich mit Männern zu treffen, Dates zu haben und sie dann auch noch Gespräche über Leichen führen… Das ist schon etwas ungewöhnlich. Das ist auch das Witzige an der Serie. Unsere Gespräche über Alltagsthemen in sehr ungewöhnlichen Situationen zu sehen."
Wann hat es das letzte Mal eine erfolgreiche Serie mit zwei weiblichen Hauptrollen in diesem Bereich gegeben – außer "Cagney & Lacey"?
Ich glaube, dass es keine andere Serie gab außer vielleicht "Cagney & Lacey". Ich habe mich neulich noch mit dieser Serie beschäftigt, als ich eine kurze Baby-Pause gemacht habe. Und das war sehr interessant, denn "Cagney & Lacey" spielte in einer Zeit in den 70er und 80er Jahren als Frauen als Polizisten in einem männlichen Arbeitsumfeld viel mit sexistischen Witzen und solchen Sachen zu tun hatten. Doch da hat sich mittlerweile einiges getan. Unsere Serie ist ganz anders. Sie ist eher wie eine Krimiserie mit "Sex and the City"-Elementen. Es gibt die klassischen Frauen-Gespräche in einer von Männern dominierten Welt. Es macht wirklich Spaß, das zu sehen. Und ich finde, alles hängt von der Chemie zwischen den Menschen ab. Ich bin wirklich froh mit Angie zusammen zu arbeiten, weil die Chemie zwischen uns ganz mühelos entstanden ist. Wir sind hinter der Kamera Freundinnen und können das auch vor der Kamera mit einbeziehen. Und wir können unsere unterschiedlichen Erfahrungen und Ansichten einbringen und das auch in die Rollen übertragen, was man vielleicht nicht hätte, wenn man sich mit jemandem nicht auf Anhieb gut versteht.
Wie unterscheiden sich Rizzoli und Isles in der Serie?
Wir sind sehr verschieden. Rizzoli stammt aus der Arbeiterklasse und wuchs in Boston in einer italienisch-amerikanischen Familie auf. Sie ist noch nicht viel in der Welt herum gekommen, ihr Traum war es immer, Detective zu werden. Sie kommt eher aus einfachen Verhältnissen. Dr. Isles ist… Ich nenne sie schon Dr. Isles! Maura hat ihre Wurzeln in Europa, sie ist gut ausgebildet, ihre Familie hatte immer Geld und sie hat das Geld auch immer gerne genutzt. Sie ist viel gereist, war bei "Ärzte ohne Grenzen", sie spricht viele Sprachen, sie geht immer in Designer-Klamotten zur Arbeit… Aber sie haben beide etwas Feminines und etwas Maskulines, sie haben beide Yin und Yang. Sie kommen aus unterschiedlichen Verhältnissen, aber es ist toll, weil sie tatsächlich eine wahre Frauen-Freundschaft haben und sich gegenseitig achten.
Was unterscheidet die Serie "Rizzoli & Isles" von anderen Krimiserien?
Eine ganze Menge! Erstens gibt es in der Serie zwei Frauen. Zwei starke, clevere Frauen, die im Fokus stehen. Außerdem ist die Serie ungewöhnlich, sie macht Spaß, die Verbrechen sind wirklich stark und dann gibt es noch das interessante Verhältnis zwischen Rizzoli und Isles und den Männern, mit denen sie arbeiten. Und neben den Verbrechen geht es auch um ihr Liebesleben, um ihre Familien und ihre Kollegen. Es ist toll zu sehen, wie das alles zusammenkommt.
Die Serie basiert auf Büchern der Autorin Tess Gerritsen...
Es sind tatsächlich großartige Bücher! Sie erinnern mich ein bisschen an "The Girl with the Dragon Tattoo". Tess Gerritsen ist eine fantastische Autorin, sie hat medizinische Erfahrung, sie ist Ärztin, aber sie liebte immer Horror-Filme, Thriller und Mystery-Filme. Sie fing an zu schreiben und die Bücher sind wirklich sensationell. Sie sind ein bisschen düsterer als die Serie, das ist thematisch bedingt, man kann in Büchern ja ein bisschen tiefer gehen, als man es visuell in einer Serie kann. Aber ich kann die Bücher sehr empfehlen, sie sind wirklich cool.
Als Janet Tamaro die Drehbücher fürs Fernsehen entwickelte, passte sie die Rollen noch mal stark an. Meine Rolle war in den Büchern zum Beispiel eine sehr kalte Frau mit pechschwarzen Haaren und Ponyfrisur. Ich sehe ja schon ganz anders aus. Außerdem spiele ich die Rolle mit viel mehr Humor, als es in den Büchern geschrieben ist. Aber der Kern der Figuren im Buch ist der gleiche, wie in der Serie.
War es schwierig die medizinischen Fachbegriffen zu verwenden oder mit Leichen umzugehen?
Auf jeden Fall. Die medizinischen Fachbegriffe sind sehr schwierig. Ich musste viel nachschlagen oder den Autor anrufen und fragen, was dieses oder jenes Wort bedeutet und wie man es richtig ausspricht. Oft gibt es Begriffe, die man auf drei verschiedene Weisen aussprechen kann, und wenn wir dann drehen und jemand sagt "versuch es doch mal so auszusprechen", dachte ich immer nur "bitte mach mich nicht verrückt, ich kriege das sonst nicht hin". Ich hatte jede Menge Versprecher, wenn ich versucht habe diese Fachbegriffe aus meinem Mund zu kriegen. Und das mit den Leichen ist auch eine Herausforderung. Es kann schon sehr blutig sein. Neulich haben mich ein paar Verwandte am Set besucht, sie kamen ins Studio und sahen einen Typen, der da gelegen hat, und aus irgendeinem Grund dachten sie fast, dass das echt wäre. Und sie sagten nur "ich kann nicht, ich kann nicht…" und rannten raus. Und ich sagte nur "hey, das ist ein Schauspieler! Er isst gleich einen Bagel, schaut, alles ist okay!" Es sind echte Schauspieler und mit dem ganzen Make-Up und den Special Effects ist das schon cool.
Zwischen Angie und Ihnen stimmt offensichtlich die Chemie vor der Kamera. Woher kommt das?
"Es ist wirklich angenehm und ich bin sehr glücklich darüber, dass wir diese natürliche Chemie haben. Manchmal muss man mit Leuten zusammen arbeiten, zu denen man erstmal aufwendig eine Beziehung aufbauen muss. Das ist dann nicht dieselbe Sache. Mit Angie läuft es vor und hinter der Kamera prima und es macht Spaß, dieses gute Gefühl auch in die Rolle einzubringen. Aber wir hatten das von Anfang an. Als wir uns das erste Mal gesehen haben, waren wir uns direkt sympathisch. Sie ist jemand, mit dem ich auch in der 7. Klasse viel Zeit verbracht hätte, mit dem ich meine Unterlagen ausgetauscht und viel gelacht hätte. Wir haben den gleichen Humor und sind beide wirklich starke Frauen. Wir können toll darüber diskutieren, wie wir bestimmte Szenen umsetzen wollen… Das macht Spaß!"
Rizzoli & Isles ist die einzige Krimiserie, die in Boston spielt. Gibt es einen besonderen Bezug zu Boston?
Das müssten sie die Buchautorin und Schöpfern der Szenerie fragen. Tess Gerritsen schrieb es so, dass es in Boston spielt. Ich finde es ist ein toller Schauplatz, weil Boston eine historisch wundervolle Stadt ist. Es gibt dort sehr viele unterschiedliche kulturelle Einflüsse. Boston ist auch ein bisschen mysteriös, die Serie ist ja auch insgesamt sehr geheimnisvoll. Es ist auf jeden Fall eine ganz andere Umgebung als New York oder L.A., es ist viel ungewöhnlicher.