Tierarzt Dr. Wolf

Tränende Augen
hundkatzemaus-Tierarzt Dr. Wolf untersucht heute einen einjährigen Sheltie, der seit ungefähr zwei Monaten unter tränenden Augen leidet und vor allem morgens dicken, gelblichen Augenausfluss hat.
Dass die Augen eines Hundes tränen, kann mehrere Ursachen haben. Zum einen kann natürlich Zugluft dafür verantwortlich sein. Zum anderen kann aber auch eine Bindehautentzündung (Konjunktivitis) oder eine Follikulitis der Nickhaut zu einer starken Reizung des Auges führen. Nicht selten verursachen diese Infektionen einen Verschluss des Tränennasenkanals (Ductus nasolacrimalis), so dass die Tränenflüssigkeit nicht mehr ablaufen kann. Um die entzündeten Augen untersuchen zu können, muss Dr. Wolf den Sheltie in Narkose legen. Da der Hund nüchtern in die Praxis gebracht wurde, ist dies kein Problem und die nötige Dosis für die Narkose wird anhand des Körpergewichts ermittelt.
Follikulitis der Nickhaut

Auf dem OP-Tisch kann Dr. Wolf die Augen nacheinander begutachten. Die Blutgefäße des rechten Auges sind angeschwollen und ein erstes Anzeichen für eine Infektion. Mit einer Pinzette wird vorsichtig an der Nickhaut, dem dritten Augenlid des Hundes, gezogen. So kann der Tierarzt auch einen Blick auf die Innenseite des Lides werfen, die mit kleinen Bläschen besetzt ist. Bei der Augeninfektion handelt es sich also tatsächlich um eine so genannte Follikulitis der Nickhaut, die das Auge des Tieres permanent reizt. Die Bläschen müssen mit einem Skalpell von der Haut abgeschabt werden. Auch die Nickhaut des linken Auges ist leicht entzündet und wird abgeschabt. Durch dieses Abschaben (Abrasio) versucht man die chronische Entzündung, die wahrscheinlich durch einen Virus hervorgerufen wurde, in eine akute Entzündung umzuwandeln, damit es zu einer Abheilung der Wunde kommen kann.
Um zu prüfen, ob die Tränennasenkanäle des Shelties verstopft sind, wird Spüllösung auf eine Spritze aufgezogen und direkt in den jeweiligen Augenkanal injiziert. Ist der Kanal frei, läuft die Flüssigkeit wieder aus der Nase heraus. Dies ist hier jedoch nicht der Fall: beide Kanäle sind verstopft und vermutlich durch die Follikulitis stark angeschwollen oder eventuell sogar vernarbt. Es gibt aber auch Hunde, die einen angeborenen Tränennasenkanal-Verschluss haben. Wird der Tränennasenkanal nicht mehr frei, hat der Hund immer ein wenig Sekret am Auge, das man einfach mit einem Tuch abnimmt.
Die Follikulitis, die vermutlich durch einen Herpes-Virus verursacht wird, sollte auf jeden Fall behandelt werden, da der Hund sonst immer Schwierigkeiten mit den Augen haben wird. Da Dr. Wolf die Pusteln an beiden Nickhäuten entfernt hat, kann die Entzündung abheilen und wird wohl keine weiteren Probleme bereiten.
Kosmos, 2003
ISBN 978-3-440-09587-4, EUR 12,95
124 Seiten