Im exklusiven Interview: Max Herre

Der "Radiomacher" Max Herre ist mit einem neuen Album zurück

Man hat das Gefühl, der ganze Rummel, der um seine Person gemacht wird, ist ihm fast schon unangenehm. Max Herre, einer der erfolgreichsten deutschen Rapper, Songwriter und Musikproduzenten nimmt sich im stressigen Interview-Marathon in Köln bewusst Zeit für die Presse. Er grüßt herzlich und bedankt sich lieber gleich zweimal bei jedem persönlich, um auch bloß niemanden zu vergessen. Auch wir trafen den betont höflichen und bescheidenen 39-Jährigen, um mit ihm über sein neues Album „Hallo Welt“ (VÖ 24.08.12) zu sprechen.

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von Kathrin Lembicz

Im Albumtrailer stehst du in einer Art „Radio-Station“ über den Dächern Deutschlands, um deine Musik in die Welt hinaus zu senden. Ein starkes Bild, das dir sowohl als Bühnenkulisse als auch als Albumcover dient. Was hat es mit dieser Inszenierung auf sich?

Max Herre: Mir gefiel das Leitmotiv „Private-Radio“. Ein Radio-Sender, in dem ich mein eigenes Ding mache und völlig autonom bin - so wie ich halt schon seit Jahren meine Musik mache. Mit meinem Album „Hallo Welt“ eröffne ich quasi meine eigene Radioshow. Eine Show, in der ich die Musik und die Interpreten bestimme. Ich bin mehr Produzent als Leadsänger, daher steht mir das Bild des „Radiomachers“ glaub ich ganz gut.

„Hallo Welt“ wird in den Medien jetzt schon als deine „Rückkehr zu den Hip-Hop-Wurzeln“ gefeiert. Bist du zurückgekehrt?

Ich hoffe nicht! Rückkehr heißt für mich immer einen Schritt zurückgehen. Und so funktioniert das Leben nach meiner Vorstellung nicht. Leben heißt, einen Fuß vor den anderen setzen und eben nicht zurückgehen. Außerdem muss ich auch nicht zurückkehren, denn ich war nie weg vom Hip-Hop. Hip-Hop heißt Vielfältigkeit, und in dem Augenblick, in dem man Hip-Hop nur noch auf sich selbst reduziert, wird er langweilig. Hip-Hop lässt Genresprünge und Experimente aller Art zu, deshalb war ich niemals weg von meinen "Hip-Hop-Wurzeln".

Du hast für „Hallo Welt“ mit einer Menge Kollegen zusammengearbeitet – „alten“ wie „neuen“ …

Ja! Ich hatte die Chance, mit so vielfältigen Künstlern zusammenzuarbeiten. Das ist für mich das Beste an diesem Album. Ich habe ihnen Songs „auf den Leib“ geschrieben, und trotzdem sind es typische "Herre-Songs". Am meisten beeindruckt hat mich die Arbeit mit Sophie Hunger. Ihre Musik geht in eine ganz andere Richtung als meine, und trotzdem haben wir den gemeinsamen Nenner gefunden, der „Berlin Tel Aviv“ zu einem bezaubernden Song gemacht hat (Anmerkung der Redaktion: Sophie Hunger ist eine Schweizer Jazz- und Folk-Sängerin).

"Ich mochte Philipp Poisels erstes Album sehr."

Die erste Singleauskopplung „Wolke 7“ hast du gemeinsam mit Philipp Poisel aufgenommen. Ganz in Poisel-Manier ist der Song nachdenklich und resümiert das Leben mit seinen Höhen und Tiefen. Hast du dir den Kollegen Poisel bewusst für dieses Lied ausgesucht?

Ja, das habe ich! Und ich freue mich, dass man das auch merkt. Mir macht das Produzieren eines Songs Spaß – auch für Kollegen. Ich habe an „Wolke 7“ geschrieben – eigentlich für Joy (Denalane) – und dann aber gemerkt: Das ist ein Song, den ich mit Philipp singen will. Ich mag seine Musik sehr und außerdem lebt er in Stuttgart in derselben Straße, in der ich aufgewachsen bin. Als wir uns über unsere Liebe zur Musik und unser Leben in Stuttgart ausgetauscht haben, haben wir beschlossen, dass wir unbedingt einen Song zusammen machen müssen. Mit „Wolke 7“ war dann endlich der richtige Zeitpunkt gekommen.

Du singst davon, die Schattenseiten des Lebens ebenso dankbar anzunehmen, wie die guten Seiten. Dem ganzen Album unterliegt eine zwar drastisch-realistische, aber durchaus auch eine hoffnungsvolle Betrachtung des Lebens. Könnte man sagen, du hast die Hoffnung zu einer Art Leitmotiv deines Albums gemacht?

Absolut! Mir ist es wichtig, wenn eine Art Hoffnung, oder nennen wir es mal das „Prinzip Hoffnung“, in jeden meiner Songs mitschwingt. Hoffnung und Mut, weiter zu machen, den einen Fuß wieder vor den anderen zu setzen, ist auch das, was ich selbst in der Musik suche – sowohl in der, die ich mache, als auch in der, die höre. Mit „Hallo Welt“ wollte ich Gefühle benennen, die mir in unserer Gesellschaft immer wieder auffallen: Orientierungslosigkeit und Unzufriedenheit. Es heißt immer, in einem privilegierten Land wie Deutschland muss man dankbar und glücklich für sein Leben sein, aber man ist es nicht und hat deshalb ein schlechtes Gewissen. In meinen Songs lassen sich keine Lösungsansätze finden. Aber vielleicht findet der Ein oder Andere Mut und Hoffnung und macht einfach weiter. Immer weiter.

Danke für das Interview, Max