: Obdachlos: Wir beantworten eure Fragen

Rund 680.000 Menschen in Deutschland sind ohne eine Wohnung*. Acht von ihnen begleitet VOX jetzt in „Obdachlos – Einzug in ein neues Leben“ bei einem ungewöhnlichen Projekt: Housing First.

Wir haben die häufigsten Fragen zur Sendung und zum Projekt zusammengefasst.

"Wir werben dafür, dass man Menschen etwas zutraut."
Video 06:53Min.
"Wir werben dafür, dass man Menschen etwas zutraut."

Was ist fiftyfifty?

fiftyfifty ist eine gemeinnützige Organisation, die Obdachlose im Raum Düsseldorf unterstützt. In verschiedenen Projekten werden unterschiedliche Lebenshilfen angeboten.

Wie werden die Obdachlosen ausgewählt, die eine Wohnung bekommen?

Oliver Ongaro von fiftyfifty: „Wir diskutieren das in unserem Sozialarbeiterteam. Wir wählen Menschen aus, die jahrelang auf der Straße leben, die wir von unseren Streetwork-Rundgängen kennen. Oft haben wir Obdachlose schneller untergebracht, die in einem schlechten gesundheitlichen Zustand gewesen sind, bei denen wir Sorge hatten, dass sie den nächsten Winter auf der Straße nicht überleben. Wir schauen also nicht, wer könnte es am Besten schaffen, sondern wer hat die schlechtesten Chancen, selbst wieder auf die Beine zu kommen.“

Wie funktioniert „Housing First“?

Ursprünglich kommt „Housing First“ aus den USA, wird aber auch schon in Ländern wie Österreich, Finnland oder Portugal praktiziert. Mit Erfolg: Nach fünf Jahren leben noch über 90 Prozent der Menschen in den vermittelten Wohnungen. Das Konzept „Housing First“ hat die gemeinnützige Obdachlosenhilfe fiftyfifty als erste nach Deutschland geholt. Sie geben Obdachlosen eine Wohnung mit unbefristetem Mietvertrag, ohne Vorbedingungen, um ihnen so eine zweite Chance zu ermöglichen. Mehr Infos gibt es hier: https://www.fiftyfifty-galerie.de/projekte/1905/n-a

Wer stellt die Wohnungen für die Obdachlosen zur Verfügung?

Zusammen mit dem Verband Paritätische NRW und dem Land NRW hat die Organisation einen Fonds mitsamt einer Benefiz-Galerie gegründet, aus dessen Mitteln „Housing First" im ganzen Bundesland etabliert werden soll. Namhafte Künstler wie Gerhard Richter und Markus Lüpertz unterstützen den Verein und spenden einige ihrer Werke. Aus den Verkaufserlösen können Wohnungen für Obdachlose gekauft und hergerichtet werden.

Wo finde ich die fiftyfifty-Galerie?

Die Benefiz-Galerie befindet sich in Düsseldorf:

Jägerstraße 15, 40231 Düsseldorf

Wie kann ich fiftyfifty unterstützen?

Auf der Homepage von fiftyfifty wird umfangreich darüber informiert, wie man helfen kann: https://www.fiftyfifty-galerie.de/spenden

Wer hat „Obdachlos – Einzug in ein neues Leben“ produziert?

Fast ein Jahr lang begleitete die Produktionsfirma i&u im Auftrag von VOX die Obdachlosen bei ihrem Einzug in ein neues Leben mit der Kamera.

Welche Ausstattung bekommen die Obdachlosen in ihrer Wohnung? Die haben ja selbst keine Möbel.

Es ist wichtig, dass die Obdachlosen Möbel in ihrer Wohnung haben, damit sie dort nicht wieder in alte Strukturen zurückfallen und in der Wohnung "Platte machen". Wie die Möbel finanziert werden, variiert von Fall zu Fall. Oft werden sie über die Benefiz-Galerie oder über das beantragte Hartz IV der ehemals Wohnungslosen bezahlt.

Von welchem Geld werden Strom- und Heizkosten gezahlt? Wie werden die Wohnungen finanziert?

Die meisten Obdachlosen beantragen mit Hilfe der Sozialarbeiter und nach Erhalt der Wohnung Sozialhilfe. Das Geld reicht oft aus, um die Wohnungen und die laufenden Kosten zu decken.

Wieso halten die alle Tiere? Dafür haben sie anscheinend Kohle…

Hunde sind oft die besten Freunde, treue Begleiter und Beschützer der Obdachlosen und damit sehr wichtig für die Menschen auf der Straße. Auch hier bietet fiftyfifty unter anderem Hilfe an.

Die sind doch selbst dafür verantwortlich, dass sie obdachlos sind. Niemand muss in Deutschland auf der Straße sitzen…

Theoretisch ist das richtig, doch die Situation ist weitaus komplexer. Häufig führen schwere Schicksalsschläge dazu, dass sich Menschen auch in einem Sozialstaat wie Deutschland das Leben nicht mehr leisten können – hinzu kommen umfangreiche Bürokratie, fehlende Sozialwohnungen, überfüllte Notunterkünfte, in die Obdachlose zum Beispiel ihre Hunde nicht mitbringen dürfen… Fest steht: Niemand setzt sich freiwillig den Strapazen auf der Straße aus. Niemand möchte tagtäglich darum kämpfen, einen Schlafplatz zu finden – egal ob bei extremer Kälte oder Hitze – niemand möchte sich ständig fragen, wann er die nächste Mahlzeit bekommt und niemand möchte tagtäglich die Angst haben, überfallen oder angegriffen zu werden.

Warum bekommen die Drogis/Säufer eine Wohnung, ohne was geleistet zu haben?

Wir finden: Jeder Mensch hat eine Chance verdient, aus dem Teufelskreis der Armut auszubrechen. Denn niemand landet freiwillig auf der Straße, viele der Obdachlosen haben eine tragische und von Schicksalsschlägen geprägte Vergangenheit. Deshalb schätzen wir die Arbeit gemeinnütziger Organisationen wie von fiftyfifty sehr.

Übrigens: „Housing First“ ist nicht nur menschenwürdiger, sondern auch preiswerter als beispielsweise stationäres betreutes Wohnen.

Was soll das bringen, dass man ihnen eine Wohnung gibt?

Statt Übernachtungen in Notunterkünften, bedeutet eine Wohnung mit einem unbefristeten Mietvertrag in einem bürgerlichen Wohnviertel wieder ein Stück Normalität, Sicherheit und vor allem Integration – wichtige Voraussetzungen, um zurück in ein geregeltes Leben zu finden. Darauf aufbauend können auch alle anderen Probleme wie Schulden, Sucht, Arbeitslosigkeit etc. in Angriff genommen werden.