Wir haben mit Serienschöpfer Frank Spotnitz im Interview gesprochen, was das Crime-Drama "Ransom" so besonders macht.
Ransom: Das Interview mit Serienschöpfer Frank Spotnitz

Was macht "Ransom" so besonders?
Nur wenige Menschen wissen, dass private Verhandler überhaupt existieren. Dabei finden jedes Jahr schätzungsweise 30.000 Lösegeld-Erpressungen in der ganzen Welt statt. Aber selbst die Polizei erfährt davon häufig nichts. Ich war direkt begeistert von diesem Thema und vor allem vom französischen Verhandlungsspezialisten Laurent Combalbert – er ist das ganze Jahr über als Verhandler im Einsatz und das mit großem Erfolg. Es ist einfach beeindruckend, wie er Kidnapping-Situationen ohne Gewalt und nur mit seinem Menschenverstand löst. Er ist ein wahrer Held. Und in "Ransom" agiert Eric Beaumont genauso wie Laurent Combalbert im echten Leben.
Wie war der Dreh zu "Ransom"?
Der Dreh war wirklich intensiv. Gerade weil wir bei "Ransom" kein festes Set hatten, sondern an realen Locations gedreht wurde. Vor allem die Logistik war eine enorme Herausforderung. Wir starteten die Dreharbeiten in Toronto und sind dann für die letzten Folgen nach Südfrankreich gereist. Das war natürlich eine tolle Erfahrung! Frankreich ist einfach wunderschön und es gibt hervorragendes Essen. Für das Team war es eine großartige Zeit.
Die Hauptfigur in "Ransom", Eric Beaumont, basiert auf der realen Person Laurent Combalbert. Wie sind Sie auf ihn aufmerksam geworden und haben Sie ihn persönlich kennengelernt?
Vor circa drei Jahren hat mich die Produktionsfirma Wildcats Productions angesprochen und man erzählte mir die Geschichte von Laurent Combalbert. Ich war sofort gefesselt, wollte die Serie "Ransom" unbedingt machen und habe mich dann mit Laurent getroffen. Und er war tatsächlich genauso beeindruckend wie ich es mir vorgestellt habe. Das Wunderbare an Laurent ist, dass er nicht nur ein fantastischer Verhandlungsspezialist ist, er kann seine Taktiken auch sehr gut erklären. Er hinterfragt ständig, was er gut oder schlecht gemacht hat – das macht ihn auch so erfolgreich. Inzwischen hat er sogar schon einige Bücher über seine Verhandlungs-Strategien geschrieben.
Basiert die Handlung der einzelnen Folgen "Ransom" vollständig auf den Erlebnissen von Laurent Combalbert?
Wir nutzen die Erlebnisse, von denen uns Laurent und sein Partner Marwan Mery erzählt haben, als Ausgangspunkt für jede Episode. Der große Unterschied zwischen der Serie und der Realität ist vor allem, dass wir auch eine Geschichte rund um die Verhandlungen erzählen. Es geht nicht nur um Eric Beaumont und seine Strategien, sondern auch um die Mysterien seiner Vergangenheit. Dies hat dazu geführt, dass wir uns etwas von Laurents Erzählungen entfernen und noch neue Dinge erfinden mussten. Aber auch wenn manche Elemente in der Serie fiktiv sind, versuchen wir uns so nah wie möglich an die Erlebnisse von Laurent Combalbert zu halten.
Sie produzieren vor allem Serien für den amerikanischen TV-Markt. Macht es für Ihre Arbeit einen Unterschied, ob Sie für den amerikanischen oder den europäischen TV-Markt aktiv sind?
Es gibt tatsächlich einen Unterschied zwischen dem europäischen und dem amerikanischen TV-Markt. In Hollywood würde ich für ein großes Studio arbeiten und sie würden auch die ganze Serie finanzieren. In Europa ist "Ransom" eine Koproduktion mit vier Fernsehsendern, drei Produktionsfirmen und einem Studio – das ist natürlich viel komplizierter als in Amerika. Aber ich denke, dass eine Serie wie "Ransom" in Europa gedreht wird, weil die Nachfrage nach klassischen Episodenserien hier einfach größer ist. Die Idee von "Ransom" mit ihrer Hauptfigur Eric Beaumont ist einzigartig. Die Serie erzählt in jeder Episode einen neuen Fall. Das mögen die Zuschauer hier in Europa.
Sie haben mit "The Man in the High Castle" und "Die Medici – Herrscher von Florenz" zwei komplexe durcherzählte Serien produziert. "Ransom" wiederum ist ein Procedural. Was mögen Sie lieber?
Meine erste Serie "Akte X" war zu 85 Prozent ein Procedural, jede Episode hat einen Fall erzählt. Ich habe also neun Jahre lang Kurzgeschichten geschrieben – und es geliebt! Mit jeder Folge habe ich eine eigene kleine Welt erschaffen, mit eigenen Mysterien und Charakteren. Auf dem amerikanischen Markt sind solche Serien allerdings derzeit nicht so gefragt. Die Zuschauer haben durch Amazon und Netflix die Möglichkeit mehrere Folgen einer Serie direkt hintereinander anzuschauen. Darum habe ich auch für Amazon "The Man in the High Castle" und für Netflix "Die Medici – Herrscher von Florenz" produziert. Mir gefällt es auch solche Serien zu machen, weil man darin einen großen Zeitraum mit vielen Entwicklungen abbilden kann. Es ist großartig diese beiden Herangehensweisen von Serien zu haben.
Welche Serien schauen Sie privat gern?
Als ich klein war, war ich ein richtiger TV-Junkie. Ich habe so viel Fernsehen geguckt… Inzwischen schaue ich nicht mehr so viel Fernsehen wie früher. Es hört sich wahrscheinlich witzig an, aber wenn man bedenkt, dass ich den ganzen Tag Serien schreibe, ist es für mich nicht entspannend nach Hause zu kommen und mich vor den Fernseher zu setzen. Für mich ist es dann meist eher Arbeit Serien zu gucken. Privat habe ich allerdings sehr gern "Breaking Bad" gesehen. Die Serie ist ein Meilenstein der Seriengeschichte. Ich habe jede Folge gesehen. Diese Serie war wirklich eine einzigartige Idee. Sie hat den Serienmarkt revolutioniert.
Waren Sie schon einmal in Deutschland?
Ich habe tatsächlich angefangen in Berlin an der Deutschen Film- und Fernsehakademie zu lehren. Das Programm nennt sich "Serial Eyes" und die Hochschule bringt Studenten aus der ganzen Welt zusammen, damit sie lernen zu schreiben und Produzenten zu werden. Ich habe auch schon mal in Köln an der Filmhochschule unterrichtet. Ich bin mindestens vier oder fünf Mal im Jahr in Deutschland. Vor allem Berlin ist eine wunderschöne Stadt und ich freue mich immer dort zu sein.
Haben die Deutschen einen bestimmten Serien-Geschmack?
Es ist kein Geheimnis, dass die Deutschen Krimi-Serien lieben. Und es gibt tausende solcher Serien im deutschen Fernsehen. Da scheint es einen enormen Krimi-Appetit zu geben. Deshalb wird eine Serie wie "Ransom" auch hoffentlich gut ankommen. Denn "Ransom" ist eine neue Art von Krimi-Serie, die die Menschen vorher noch nicht gesehen haben.
Haben Sie schon mal was von deutschen Fans gehört?
Ja, ich bekomme sehr oft Fanpost. Die Deutschen scheuen sich nicht, mir zu sagen, was sie von meinen Serien halten. Zum Glück sagen sie aber meistens nur nette Dinge (lacht).
Wie fühlt es sich an, wenn Sie in einem fremden Land sind, den Fernseher einschalten und dort dann zum Beispiel eins Ihrer Werke wie "Akte X" sehen?
Es ist wunderbar und gleichzeitig etwas, woran ich mich noch nicht gewöhnt habe. Man reist in Länder, die dann die Serie in ihre Sprache übersetzt haben. Aber die Menschen verstehen und fühlen die Serie trotzdem genauso, wie ich es mir gewünscht habe. Es ist wirklich aufregend zu sehen, dass etwas, was du kreiert hast, die ganze Welt erreichen kann. Und gerade bei "Akte X" ist das der Fall, obwohl die Produktion schon wirklich lange her ist. Es gibt immer noch Leute, die "Akte X" bis heute gucken und darüber reden. Das ist wirklich eine tolle Belohnung für meine Arbeit.
Wie kommen Sie auf Ideen? Haben Sie dafür eine bestimmte Technik?
Neue Ideen kommen von überall her. Im Ernst, manchmal kommt jemand einfach mit einer Idee zu mir. Und manchmal habe ich plötzlich eine Idee oder einen guten Gedanken im Kopf. Die Gemeinsamkeit bei meinen Serien ist aber auf jeden Fall, dass all meine Projekte sehr emotional sind. Ich arbeite dafür sehr hart, kümmere mich um die Charaktere und die Geschichten und hoffe, dass alle meine Serien den Zuschauern etwas mit auf den Weg geben. Denn im Idealfall bemerken die Zuschauer, dass immer eine Message hinter einer Serie steckt.