125 Jahre Autos
Ist das Auto wirklich schon wieder an der Reihe? War nicht neulich erst der Hundertste? Und 125, ist das denn überhaupt ein Anlass? Frage und Antwort: Das hat sich jemand ausgedacht, damit die Zeit nicht zu lang wird. Etwa bis zum hundertfünfzigsten Geburtstag warten? Kommt gar nicht in die Tüte, klingt es von überall, vor allem die Altgedienten der Branche mosern, die natürlich die letzten Feste feiern wollen, wie sie noch fallen. Und 2036 ist für sie in der Tat in unerreichbarer Ferne.

Sei’s drum - Klappe, die 125ste. Es soll gefeiert werden. Gute Laune ist womöglich ansteckend, drum auch schon mal börsenrelevant. Feiern also lieber heute als morgen. Heute ist schon wieder Boom, morgen steht vielleicht schon wieder alles in Frage. Keiner weiß, was kommt. Nicht mal Professor Dudenhöffer.
Außerdem: Wer weiß, wie es dann um das Auto bestellt sein wird, möglicherweise liegt das allerletzte Exemplar nach dem allerletzten Schluck Benzin hilflos im Straßengraben, das letzte seiner Art. Die vermeintlichen Nachfolger namens Brennstoffzelle, Gas, Elektro, Frittenfett etc. sind längst enttarnt, den Herstellern all die Jahre nur als Alibi in der Zukunftsdebatte gedient zu haben.
Feiern ja, aber wer und wie?

Neutrale Beobachter, das stellen wir uns so vor, hatten schon Jahre zuvor Alarm geschlagen, weil vermeintliche Autoexperten, die tatsächlich Benzin im Blut zu haben behaupteten, immer häufiger Opfer von nächtlichen Überfällen geworden waren, Vampirbissähnliche Wunden am Hals. Und weil immer jemand aus der Not anderer seinen Profit zu schlagen versucht, fanden sich auch immer mehr dieser irregeleiteten Benzin-im-Blut-Träger an den Tankstellen zum heimlichen Blutspenden. Erstens: Esso zahlte gut. Zweitens: Nach erfolgter Blutwäsche sprachen und schrieben die Branchengrößen von gestern endlich wieder in einer verständlichen Sprache. So könnte es kommen, so oder ähnlich, das bestätigt heute auf Wunsch auch Professor Dudenhöffer.
Sei`s drum: der 125. Feiern ja, aber wer und wie?
Die Benzsche Erfindung

Das führende Automagazin (print), zur Feier des Tages diese Woche ganz in Silber, hat mal durchgezählt: 2485041881 – wenn das mal keine Superzahl ist. Die Zahl in Worten: Zwei Milliarden vierhundertfünfundachtzig Millionen einundvierzigtausendachthunderteinundachtzig. So viele Autos wurden demnach in diesen 125 Jahren weltweit gebaut. Wer auch immer sie durchzählt haben mag. Das ist aller Ehren wert, das Auto hat demnach die Kurve noch gekriegt, denn nach der Benzschen Erfindung lief das Geschäft mit dem Automobil zunächst mal ein paar Jahrzehnte lang arg schleppend - im doppelten Wortsinn. Die Leute kannten weder Frau noch Herrn Benz, trauten diesem knatternden Etwas nicht über den Weg, womit nicht etwa Benz, sondern seine neumodische Kutsche gemeint ist. Die Menschen hatten gegen Ende des vorletzten Jahrhunderts ganz andere Sorgen. Und die Leutchen waren ja nicht dumm, auch damals nicht, im Gegenteil, eigentlich ganz pfiffig waren sie. Drum beteiligten sie sich seinerzeit auch nicht an der allgemeinen, heute wieder angestrengten Diskussion, ob nicht schon Jahre bevor Carl Benz den ersten Verbrennungsmotor in einem Fahrzeug auf die Reise schickte, ganz andere Vehikel dort längst fuhren, es machte nur keiner ein Spektakel drum.
Postkutschen mit Verbrennungsmotor

Es fuhren Postkutschen mit Verbrennungsmotor, ob wenigstens pünktlich, ist nicht überliefert. Ein Franzose bot schon 1769 dem Militär einen Dampfkraftwagen an, vergaß allerdings, vor der Präsentation auch Bremsen mit einzubauen, der Versuch endete bedauerlicherweise in einer Mauer, das Militär drehte prompt ab und lief vorerst weiter zu Fuß. Dieses Automobil hätte eigentlich den Ruhm verdient, der jetzt an dem Benzchen Motorwagen klebt, doch damals war das den Krach nicht wert. 1886 also meldete Carl Benz sein Konstrukt zum Patent an. Es wurde berühmt, bestaunt, bewundert. Jemand hat spaßeshalber Zeitzeugen aufgerufen, sich zu melden, und tatsächlich, wieder hoben ein paar die Hand, irgendwie zieht die Autobranche bis heute vermeintliche Experten an, die ohne lang nachzurechnen frech behaupten, bei jedem wichtigen Ereignis dabei gewesen zu sein. Wann und wo, wen kümmert das. Sie erzählen dann Geschichten, die sich nicht nachprüfen lassen, aber wenn es gute Geschichten sind, sollten sie reden, statt Jahre zu zählen. Erzählen sollen sie von Bertha Benz, zum Beispiel, die ihren Mann nicht fragte, aus gutem Grund, als sie sich dessen Einzylinder-Dreirad schnappte, um ihre erste Langstreckenfahrt zu wagen. Für die Route von Mannheim nach Pforzheim wurden möglichst ebene Wege gewählt, weil das Gefährt an Steigungen veritable Probleme hatte, es kam nicht wirklich voran. Die kluge Frau aber hatte vorgesorgt, bevor der Stillstand drohte, sprangen zwei junge Männer zur Hilfe, sie schoben das Dreirad eben ein Stück per Hand, es fuhr also in diesem Augenblick gewissermaßen mit zwei Benz, denn das waren der Benz-Frau ihre Söhne. Sie konnten den Pferdestärken in der Tat Paroli bieten, die 0,75 PS hatten sie sehr wohl im Griff, 15 km/h waren auch per pedes zu leisten. Schwieriger war es, unterwegs den Treibstoff zu beschaffen, eine Art Fleckenwasser, zu deutsch Ligroin. Und Bertha Benz, die verwegene, wer erinnert sich nicht, war somit die erste Testfahrerin überhaupt. Sagen wir mal: die Birte Karalus der Urzeit.