Unfallakte Spezial

Unfall wie aus einem Krimi

Eine Leiche auf der Fahrbahn, eine unter Schock stehende junge Frau, ihr massiv beschädigter Van und ein Unfallflüchtiger. Was ist geschehen bei dem Unfall im bergischen Kürten-Eisenkaul? "auto mobil" hat die Unfallakte noch einmal aufgeschlagen.

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An einem November-Abend befand sich Evelyn B. in ihrem Van auf dem Nachhauseweg. Gegen 19 Uhr sind die Straßen bereits in tiefe Dunkelheit gehüllt. Die Strecke über die B 506 ist der 29-Jährigen bekannt, doch plötzlich tritt unerwartet ein Mann auf die Fahrbahn. Die junge Frau kann mit ihrem VW Sharan nicht mehr ausweichen. Sie erfasst den Fußgänger und durch den Aufprall wird dieser auf die Gegenfahrbahn geschleudert. Dort bleibt der Mann regungslos liegen. Ein entgegen kommendes Fahrzeug überrollt das Opfer hinzukommend und schleift es ein Stück mit sich.

Der Fahrer dieses zweiten Wagens bleibt allerdings nur kurz stehen, flüchtet dann von der Unfallstelle. Das Unfallopfer hat diese doppelte Kollision nicht überlebt. Evelyn B. steht unter Schock als die Polizeibeamten am Unfallort antreffen. Sie kann sich weder an den Unfallflüchtigen noch an sein Fahrzeug erinnern.

Die große Frage brennt über dem Szenario: Wer ist Schuld an dem Tod des 79-jährigen Mannes? Hat bereits Evelyn B. oder erst der Unfallflüchtige die tödlichen Verletzungen verursacht? Eines der umher liegenden Trümmerteile, ein schwarzes Plastikstück, liefert die erste Erkenntnis: Bei dem Fahrzeug des Unfallflüchtigen handelt es sich vermutlich um eine Mercedes C-Klasse.

Die Polizeibeamten vermuten, dass der Halter sein Fahrzeug zur Werkstatt bringen wird, um die Schäden zu beheben. Sie kontaktieren also die Mercedes-Händler und Werkstätten in der Umgebung. Außerdem wenden sich die Ermittler an den lokalen Hörfunk.

Suche nach dem Täter

Über den Tag verteilt wiederholt Radio Berg die Meldung zu dem Unfall. So soll Druck auf den Unfallflüchtigen ausgeübt werden. Unfallanalytiker Joachim Morawski geht derweil dem Unfallhergang nach: Er findet heraus, dass Evelyn B. bei der ersten Kollision mit 75 km/h zwar 5 km/h zu schnell gewesen ist, ihr VW Sharan aber keine technischen Mängel hatte. Auch die Nachtsichtuntersuchung ergibt, dass sie den Fußgänger erst erkennen konnte, als er bereits im Lichtkegel ihrer Scheinwerfer auftauchte. Evelyn B. hatte also keine Chance, den Unfall zu verhindern.

Währenddessen befindet sich das Unfallopfer bei der Gerichtmedizin. Eine Obduktion soll klären, wodurch der Fußgänger tödlich verletzt wurde. Das Ergebnis: Der 79-jährige Mann hätte den Zusammenstoß mit dem VW Sharan überlebt. Erst das Überfahren durch den Mercedes hat die tödlichen Verletzungen verursacht.

Keine 24 Stunden nach dem Unfall kommt die ersehnte Neuigkeit: Wie die Beamten anfangs vermutet hatten, hat der Unfallflüchtige seinen Mercedes zur Reparatur gebracht. Der Werkstattbesitzer rief aufgrund der ständigen Radiomeldungen direkt die Polizei. Besitzer des Mercedes ist der 82-jährige Heinz-Günter F. Ihm wird der Prozess gemacht. Weitere Nachtsichtuntersuchungen ergeben, dass auch Heinz-Günter F. das Unfallopfer erst sehen konnte, als sein Lichtkegel diesen erfasste. Er wird zu einer Geldstrafe von 3000 EUR verurteilt und muss seinen Führerschein für immer abgeben.

Trotz eines Todesopfers, der Unfallflucht und seiner Uneinsichtigkeit bleibt ihm eine Haftstrafe erspart. Das Verfahren gegen Evelyn B. wird gegen Zahlung einer Geldstrafe eingestellt.

Der Unfall von Kürten-Eisenkaul ist eine Verkettung unglücklicher Umstände, mit einem tragischen Ausgang. Was bleibt, ist die Fassungslosigkeit darüber, wie jemand einen Menschen überfahren und dann Fahrerflucht begehen kann.