Der Fall "Max"
Max scheint ein Klassiker zu sein: Seit der kleine Jules geboren ist, haben Ilka und Oliver Kühn mit ihrer amerikanischen Bulldogge die größten Sorgen. Es gibt fast nichts, was sie noch nicht probiert haben, um Max zu beruhigen. Für Martin Rütter ist Max allerdings ein ganz besonderer Fall, denn Max richtet seinen Frust keineswegs gegen Menschen oder andere Hunde. Ganz im Gegenteil - er richtet alle Aggressionen gegen sich selbst.

Max ist fünfeinhalb Jahre alt und leidet an mangelnder Aufmerksamkeit seiner Menschen, seit der dreijährige Jules auf der Welt ist. Er fordert die ganze Aufmerksamkeit seiner Eltern, somit bleibt nicht mehr viel Zeit, um sich mit Max zu beschäftigen. Als der kleine Jules noch ein Baby war, bewachte Max das Kind auf Schritt und Tritt: Er ließ keine Fremden an das Baby und wachte, besonders nachts, vor der Wiege. Max Verhalten wurde aber direkt von Familie Kühn unterbunden. Und schon nach ein paar Monaten, fing Max an autoaggressives Verhalten zu zeigen und permanent an den Pfötchen zu lecken und auch zu kauen. Seinen Frust richtet Max gegen sich selbst, bis die Pfötchen wundgeleckt sind und sich entzünden. Familie Kühn weiß nicht mehr weiter, sobald die Leckgeräusche von Max ertönen. Auch mit unzähligen Therapien, wie z.B. Akupunktur oder der Magnetfeldtherapie, haben sie es schon versucht – allerdings nie über einen längeren Zeitraum und stets ohne Erfolg.
Eine letzte Lösung besteht darin, der Bulldogge einen Plastiktrichter, eine große Halsmanschette, über den Kopf zu ziehen, um sie vom Kauen abzuhalten. Martin Rütter stellt fest, dass sich das gestörte Verhalten bei Max ritualisiert hat und dass dieses Ritual dringend durchbrochen werden muss. Erst dann kann ein alternatives Verhalten zur Beschäftigung angeboten werden.
Max Training: Trichter und Beschäftigung

1. Trainingsschritt: Trichter gegen Pfötchenkauen
Der erste Trainingsschritt wird sein, dass Max nicht mehr an seinen Pfötchen kaut. Immer dann, wenn er wieder anfängt zu kauen, soll ihm umgehend der Trichter aufgesetzt werden. Mit dem Trichter wird er dann ruhig auf seine Decke geschickt.
2. Trainingsschritt: Beschäftigung
Im Garten erwartet ihn eine Herausforderung der besonderen Art: Hier soll er Würstchenstücke zwischen einem Haufen von Ästen herausfischen. Auf diese Weise muss er nicht nur seine Nase benutzen, um an die Wurststückchen zu gelangen, sondern auch Schnauze und Pfötchen kommen zum Einsatz, um die Äste beiseite zu schaffen. Somit spürt Max zwischen den Ästen seinen ganzen Körper und gleichzeitig werden Denkprozesse in Gang gesetzt. Somit wird seine Konzentration auf spielerische Art gefördert.
Das Training sollte relativ leicht anfangen und darf nur langsam gesteigert werden, damit bei Max kein Gefühl von Frustration entsteht. Der Hundeprofi hat noch einen Trick, um Max vom Kauen abzuhalten: Der Trichter um seinen Hals wird immer kleiner zugeschnitten, bis Familie Kühn und Max ihn eines Tages gar nicht mehr benötigen. Martin Rütter warnt dabei vor allzu schnellen Erfolgserlebnissen, das Training braucht seine Zeit, denn ritualisierte Verhaltensweisen müssen langsam durchbrochen werden.