Werbetricks: Die krummen Versprechen der Lebensmittelindustrie
Süßes naschen und dabei seiner Gesundheit Gutes tun. Das wäre doch schön. Und glaubt man den Werbeaussagen auf manchen Verpackungen, ist das sogar möglich. Da wären zum Beispiel Frühstückskekse, die „Energie für den Vormittag“ liefern, Salami mit dem „täglichen Beitrag für die gesunde Ernährung“ - um nur einige zu nennen. Doch stimmen diese Aussagen - oder sind das nur gemeine Werbetricks?

Die Verbraucherorganisation ‚foodwatch‘ beklagt, solche Gesundheitswerbung sei „häufig irreführend und nicht dazu geeignet, eine ausgewogene Ernährung zu fördern“. Sie fordern ein Verbot von gesundheitlichen Werbeversprechen für Lebensmittel.
Und gefordert ist diesmal nicht, wie so oft, die Lebensmittelindustrie, sondern die Politiker. Sie wollten uns mit der sogenannten ‚Health-Claims-Verordnung‘ eigentlich vor irreführenden Gesundheitsversprechen schützen. Demnach müssen die Hersteller die gesundheitsbezogenen Aussagen (‚Health Claims‘) von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) genehmigen lassen. Aussagen, die nicht zugelassen werden, sind verboten. So weit so gut. Doch ein von ‚foodwatch‘ durchgeführter Produktcheck hat gezeigt, dass die Verordnung Lücken hat und deswegen oft ganz legal getrickst wird. Das Problem: EFSA bewertet oft nur Effekte einzelner Inhaltsstoffe, nicht jedoch die Lebensmittel, in denen diese eingesetzt werden.
Wann ist ein Lebensmittel wirklich gesund?
So darf zum Beispiel ein Produkt als ‚Ballaststoffquelle‘ bezeichnet werden, wenn es pro 100 Gramm 3 Gramm Ballaststoffe enthält. Ein ‚hoher Ballaststoffgehalt‘ darf gemäß EU-Verordnung auf Lebensmitteln mit mindestens 6 % Ballaststoffen beworben werden. Wie viel Zucker gleichzeitig drin sein darf, ist dagegen nicht vorgeschrieben. Es wäre daher ganz legal, wenn Kekse oder Müsli, die zu 20 % aus Zucker und 6 % aus Ballaststoffen bestehen, folgende Werbeaussage tragen würden: „Eine ballaststoffreiche Ernährung fördert und erhält die Darmgesundheit“. Klingt gesund. Wer aber auf die Idee kommt, damit den Tagesbedarf an Ballaststoffen (30 g) zu decken, würde gleichzeitig doppelt so viel Zucker zu sich nehmen, als von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen.
Das zeigt: Die einzelnen Zutaten machen das Lebensmittel noch lange nicht gesund, auch wenn sie gesunde Funktionen haben. Nur die Summe daraus, und noch viel mehr die gesamte Ernährungsweise kann für den Körper gut oder schlecht sein. Solange die Werbung sich aber nur auf einzelne Inhaltstoffe bezieht, kann das nur verwirren. Und solange es gesetzlich erlaubt ist, wird das auch weiter praktiziert. Daher ist die ‚foodwatch‘-Forderung an die EU sinnvoll. Und solange die Politik darüber nachdenkt, tun wir uns etwas Gutes – in dem wir naschen, aber bewusst und genussvoll.