: Liv Kristine im Interview zu ihrer neuen EP "Have Courage Dear Heart"

Das bedeutet „Have Courage Dear Heart“ für Liv Kristine persönlich

Von Mirjam Wilhelm

Die Metal- und Goth Rock-Queen Liv Kristine meldet sich mit ihrer neuen EP „Have Courage Dear Heart“* zurück. Neben vier neuen Songs sind darauf fünf Live-Mitschnitte, die 2019 in Nagold aufgenommen wurden, zu hören. Im Interview verrät die Künstlerin unter anderem, wie sie in den vergangenen Jahren zu sich selbst gefunden hat und welche Bedeutung „Have Courage Dear Heart“ für sie persönlich hat.

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Liv-Cover
© Stephen Lindner

2016 gab es eine sowohl privat als auch beruflich unschöne Trennung von deiner früheren Band Leaves‘ Eyes. Wie hast du diese Zeit der Veränderung für dich verarbeitet?

Das war eine Phase des Wiederaufstehens, des Wiederfindens meines eigenen Selbst. Da gehörte sehr viel Mut dazu. Es ging für mich darum, erstmal mein Leben wiederherzustellen. Ich musste akzeptieren, dass manche Dinge nicht mehr da sein werden. Es gab natürlich Verluste, aber ich habe auch gesehen, dass sich neue Türen öffnen. Wenn das passiert, muss man bereit sein, das zu sehen, aber auch das Herz wieder zu öffnen. Auch sich selbst gegenüber, damit meine ich, liebevoller mit sich selbst umzugehen. Dann kann man auch sehen, welche tollen Möglichkeiten es da draußen noch gibt.

Inwiefern hast du diese Erfahrungen auf deiner aktuellen EP „Have Courage Dear Heart“ eingebracht?

Beruflich hat sich für mich persönlich sehr viel geändert. Grundsätzlich ist es so, wenn man im Musikbusiness einen „fetten“ Deal hat, dann fließt viel Geld – aber dann werden auch die eigenen Verpflichtungen immer größer, man ist abhängiger und gibt etwas von seiner Authentizität auf. Ich habe das gemacht seit ich 18 oder 19 war, es war immer viel los. Ich bin auch sehr dankbar, dass es das alles für mich gab, aber ich habe auch gemerkt, dass ich Verantwortung abgegeben habe. Ab 2016 hatte ich dann aber die Zeit zu überlegen, wie es für mich selbst am besten passt. Und der Weg heißt: Mutig sein! Also „Have Courage Dear Heart“! Sei authentisch, geh deinen Weg und mach es selbst! Ich möchte mein Leben selbst gestalten.

Wie ist die EP dann letztlich entstanden?

Ich hatte nach langer Zeit wieder Kontakt zu einem alten Freund, Tommy Olsson, dem Komponisten des Albums. Er war Mitglied in meiner ersten Band Theatre of Tragedy. Nachdem wir beide aus der Band ausgestiegen waren, hatten wir uns lange nicht gesehen. Aber dann haben wir uns wieder gefunden und er hat mir diese magischen Songs geschickt und mir alle Zeit gegeben, die ich dafür brauchte. 2019 war ich bereit, mich mit den Stücken, diesen musikalischen Perlen, auseinanderzusetzen. Es war klar, dass die EP „Have Courage Dear Heart“ heißen muss. Das ist auch über meinem Herzen eintätowiert.

Hast du das Gefühl, du bist jetzt angekommen und frei?

Ja, absolut. „Frei“ ist ein sehr gutes Wort dafür. Ich glaube, es hat auch damit zu tun, dass ich meinen eigenen Wert jetzt spüre. Das kommt natürlich auch durch Erfahrungen. Wenn man seinen eigenen Wert kennt, dann kann man auch Grenzen setzen. Das ist in der Künstlerbranche sehr wichtig. 2019 habe ich zudem meinen Mann Michael kennengelernt, in einer Zeit, in der ich überlegt habe, mit dem Singen aufzuhören. Mit der Musik aufzuhören hat aber gar nicht geklappt (lacht). Ich habe gemeinsam mit Michael weitergemacht, er hat ein kleines Label und da ist jetzt einfach diese Balance drin. Das fühlt sich richtig gut an und gibt mir die Freiheit, authentisch zu sein und in meinem eigenen Tempo zu arbeiten.

Neben vier neuen Songs enthält die EP fünf Live-Versionen bekannter Songs von dir. Wonach hast du diese Songs ausgesucht? Warum hast du dich für sie entschieden?

Die Songs wurden in Nagold aufgenommen, in einer unglaublich schönen Location. Das war ein Fachwerkhaus, es kamen Leute aus der ganzen Welt, wir hatten Kerzen, Sitzplätze, eine sehr schöne Atmosphäre. Das Publikum war zwischen 5 und 95 Jahren alt, es war ein ganz besonderes Event. Ich wollte mich mit diesen Songs dafür bedanken. Ausgesucht habe ich sie, indem ich ganz pingelig zugehört habe, was ich richtig und was ich falsch gemacht habe (lacht). Ich wollte natürlich die besten heraussuchen.

War für dich immer schon klar, dass du Sängerin werden möchtest?

Ja, ich habe diese Fähigkeit und den späteren Beruf nie in Frage gestellt. Das fing schon mit drei Jahren an. Ich habe sehr spät gesprochen, aber mich schon früh mit dem Singen ausgedrückt. Das war die Welt, in der ich mich wohlgefühlt habe, in die ich gerne eingetaucht bin. Wenn die anderen Kinder auf dem Spieplatz waren, habe ich mich am liebsten mit ABBA oder Ozzy Osbourne beschäftigt. Ich stand dann vor dem Spiegel mit der Haarbürste in der Hand und war voll in der Musik drin. Ich habe die Sängerinnen und Sänger studiert und habe ganz tief drinnen gespürt, dass das mein Weg ist. Das ist auch heute noch so, wenn ich auf der Bühne bin, ist die „Bubble“ da. Das ist ein Ort, der sich für mich richtig gut anfühlt. Aber ich bin nicht nur selbst Sängerin, ich habe auch viel unterrichtet, als Vocal Coach gearbeitet und so meine Erfahrungen weitergegeben. Ich habe Schüler aus der ganzen Welt, das ist wirklich schön. Im September gibt es auf Zypern wieder die ersten Masterclasses, endlich wieder physisch vor Ort!

Welche Bands haben dich in deiner Jugend beeinflusst, welche Musik hast du gehört?

Hauptsächlich Black Sabbath, Ozzy Osbourne und Madonna – aber auch andere Künstler, Kate Bush natürlich und Montserrat Caballé, die beste Sopranistin, die es meiner Meinung nach gibt.

Welches Konzert, das du als Fan gesehen hast, hast du in besonderer Erinnerung?

Hm, das ist eine gute Frage (überlegt). Es gab einen sehr berührenden Moment für mich bei einem Konzert, das dann allerdings gar nicht stattgefunden hat. Das war Black Sabbath mit Ozzy Osbourne bei Frankfurt. Ich war backstage und habe gesehen, dass es Ozzy richtig dreckig ging, das ging mir schon nah. Das Konzert musste abgesagt werden. Aber wir sind alle Menschen, wenn nichts geht, dann geht es eben nicht. Aber ich hatte dann ein anderes Mal die Gelegenheit, ihn live zu sehen. Er ist für mich eben eine Jugenderinnerung und ich bin froh, dass er noch dabei ist!

Wo und wann war dein allererster Auftritt auf einer Bühne?

Das war in der zweiten Klasse beim Krippenspiel. Ich habe die Maria gespielt und ich habe meinen Text vergessen, ich habe geweint und dachte, ich mache das nie wieder. Es war furchtbar! (lacht). Das nächste Mal war dann mit Theatre of Tragedy in einem Jugendhaus vor vier Leuten und einem Hund. Das dritte Konzert waren dann 800 Menschen in Stavenhagen, 1995. Also es hat sich langsam gesteigert! (lacht).

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© Stephen Lindner

Im August steht für dich in Deutschland nach aktuellem Stand der Auftritt auf dem Festival „STELLA NOMINE – The Blackest One“ an. Wie wird dein Programm dort aussehen?

Ich werde eine Zeitreise machen von meinen ersten Soloplatten – Songs die ich noch nie gespielt habe – über Songs von Theatre of Tragedy und natürlich die Stücke von „Have Courage Dear Heart“. Hier und da werde ich vielleicht etwas Neues einbauen. Es ist jedenfalls das erste Mal, dass es so ein Programm von mir geben wird. Ich hoffe sehr, dass es stattfinden kann!

Gibt es einen Ort, an dem du noch nie gespielt hast, aber gerne mal auftreten würdest?

Ich habe tatsächlich noch nie solo in meiner Heimat Stavanger in Norwegen gespielt! Mit Bands schon, aber noch nie solo. Das ist auf jeden Fall ein Wunsch von mir!

Vielen Dank für das Interview!

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